Es gibt keinen linearen Weg der dorthin führt, wo sich Vanessa alias „Shorty“ heute wie selbstverständlich bewegt. Sie ist Streamerin, geht regelmäßig online, um als E-Sportlerin und Casterin live verschiedene Games zu spielen. Derzeit am liebsten den Mehrspieler-Shooter Valorant.
Beim Meet & Greet-Format „E-Sport Close-Up“ der Technologieorganisation VDE hat sie im Landeszentrum für E-Sport und Digitalisierung Schleswig-Holstein offen und sympathisch ehrlich von ihrem Traumjob berichtet.
„Ich zocke seit ich denken kann, ich bin ein sozialer Mensch und ich rede gerne viel“, erklärt Shorty mit einem sympathischen Lachen ihren Einstieg als professionelle Streamerin. Das glaubt man ihr sofort. Es gibt schlechtere Vorraussetzungen für einen Job, bei dem es vorallem darum geht, eine Community nicht nur aufzubauen und zu vergrößern, sondern auch regelmäßig wieder zu aktivieren. „Ich musste damals erstmal einen neuen PC kaufen. 1400 Euro, das war schon viel Geld für mich. Und dann nicht zu wissen: guckt da überhaupt jemand zu“, erinnert sich Shorty.
Es schauen ihr Leute zu: ihr Twitch Kanal hat über 44.000 Abonennten. Die „Währung“ bei Twitch sind die aktiven Zuschauer. Regelmäßig streamen, lange streamen und so gut angekommen dass die Leute bleiben und wiederkommen. Nicht jeder Streamer kann von seinen Einnahmen leben, erklärt sie. Von Ausnahmezahlen weniger Top-Verdiener solle man sich nicht blenden lassen. Überhaupt ist Shorty ein Beispiel für einen seriösen Berufserinstieg. Sie machte erst eine Ausbildung als Mediengestalterin für Bild und Ton.
„Meine ersten Streaming Erfahrungen habe ich neben meinem Hauptberuf gesammelt, bei CS vor 35 Zuschauern“, erzählt sie beim Meet & Greet. Vor fünf Jahren stand sie plötzlich vor der Herausforderung den sicheren Job in der Firma zu behalten oder das Hobby zum Beruf zu machen. „Meine Eltern haben mich gefragt: was ich machen würde, wenn ich den Job kündige und irgendwann meine Miete nicht mehr zahlen kann. Das sind Gedanken, die eine Rolle spielen. Ich habe mich aber entschieden, weil ich später nicht bereuen wollte, es nicht wenigstens versucht zu haben“.
Ein bestimmter Schnitt von regelmäßigen monatlichen Zuschauern ist nötig für eine wichtige Hürde zu nehmen: eine Twitch-Partnerschaft. Der Einstieg in die Profi-Klasse gelang Shorty schließlich auch finanziell.
Dennoch haben Streamer immer wieder auch mit Einbrüchen bei den Zugriffszahlen zu kämpfen, es bleibt ein freiberuflicher Job mit permanenten Existenzrisiko und auch Auswirkungen auf die Lebensgestaltung: „Früher habe ich auch mal ein ganzes Wochenende zum Spaß durchgezockt. Heute bin ich beruflich täglich mehre Stunden online und schaue dann schon, dass ich einen Ausgleich zum Gaming habe. Wenn man den ganzen Tag mehrere Stunden spricht und erzählt tut es auch mal gut einer Gruppe zu sein und nur noch zuzuhören“, beschreibt sie. „Aber ich will mich nicht beschweren, es ist ein Privileg diesen Job machen zu dürfen.“
Zu Anfang wählte die junge Frau bewusst einen Nickname, mit dem Sie nicht als weibliche Spielerin erkennbar war. Ein Stück Selbstschutz, weil andere Gamer damals mit weiblichen E-Sportlern fremdelten. „Weibliche Spieler wurden häufiger geflamed oder sogar aus dem Game geworfen“, erinnert sie sich. „Ich wollte am Anfang nicht gegen eine Wand rennen“.
Inzwischen gibt es eine starke weibliche Gaming-Community. Anfang November startete das erste Frauen-Major im eSport. Acht Teams aus aller Welt kämpfen in Berlin um den Titel der Game Changers Championship. Ein selbstverständliches Selbstbewusstsein, dass Shorty eindrucksvoll vorlebt.